Urwahlforum in Bochum: unsere Eindrücke

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Kommentare zum Urwahlforum in Bochum.
 

Die Reihenfolge der Kommtare basiert auf der alphabetischen Sortierung des Nachnamens.

 

 

Ein Kommentar von Marvin Bruckmann:

Am Sonntag, den 30.09.2012, präsentierten sich die Grünen Urwahlkandidaten der Basis in Bochum. Historisch gesehen ist dies für die bundesdeutsche Parteigeschichte, das erste Mal, dass alle Anhänger einer Partei über das Spitzenduo per Urwahl entscheiden dürfen.Neben den klaren Favoriten Katrin Göring-Eckhardt, Jürgen Trittin, Claudia Roth und Renate Künast, stellten sich zehn weitere Kandidaten zur Wahl. Neben Anhängern der Bundestagsfraktion, kandidieren ebenfalls ein Altenpfleger, zwei Studenten, ein Zimmermann, ein Hotelbetriebswirt und andere. Deren Auftreten, das Alter, die politisch bevorzugten Themen variieren stark.Dementsprechend individuell sind deren politische Forderungen und deren Differenzen.

 

2011_07_19 h. oliver degner_-3Als besonders herausragend möchte ich Jürgen Trittin erwähnen, der direkt zu Beginn seiner 3 Minuten Rede, mit der Arbeit der derzeitigen Bundesregierung abrechnet. Unter anderen kritisiert er das Hauptanliegen der derzeitigen Frauenministerin, welches laut seiner Aussage darin besteht die Beteiligung der Frau im Berufsleben zu bekämpfen.Selbstbewusst und kämpferisch stellt er die Themen Gerechtigkeit, mehr Teilhabe und einer konsequentere Energiewende in den Mittelpunkt.

 

Ebenfalls sehr überzeugend trat Katrin Göring-Eckhardt die zum einen ihre religiösen Überzeugungen bekundigt und sich zu ihren Ostdeutschen Wurzeln bekundigt.

 

Genau wie Trittin kam sie ebenfalls mit keinem netten Wort auf die derzeitige Regierung zu sprechen und warf ihr Lobbyismus und Bremsung der Energiewende vor.

Was mich persönlich sehr überzeugte, war dass bei ihr keine Generation zu kurz kam und dass sie das typische Grünen-Klischee der Dagegen Partei dementierte. Unter anderem möchte sie sich für eine Gleichberechtigung der Geschlechter, Solarindustrie und vielen anderen Themen verstärkt einsetzen. „Wir sind die Wir Partei!“

 

Ein starker Kontrast macht sich hingegen bei den Urwahlkandidaten der Basis bemerkbar. „Das ehemalige Schröderkabinett“ wurde oft zur Zielscheibe der Basis-Kandidaten.Auch bezüglich aktueller Entscheidungen nehmen sie kein Blatt vor den Mund.Beispielsweise Alfred Meyer, der sich direkt an die Bundestagsfraktion der Grünen wendet, und deren Zustimmung zum ESM und des Fiskalpakts kritisiert.

 

Am meisten positiv überrascht hat mich das Auftreten von Patrik Held, der trotz seines jungen Alters sehr überzeugend und sicher wirkte. Der Jungkandidat sieht sich selbst als Wahlalternative zu den alt eingesessenen Kandidaten.

Die Themen Ressourcenknappheit und Klimawandel  wurden von ihm besonders in den Mittelpunkt gestellt. Seine Körpersprache wirkte sehr überzeugend. An meisten überzeugt haben mich Jürgen Trittin und Kathrin Göring-Eckardt.

 

In Trittin sehe ich eine starke charismatische Persönlichkeit, die mich mit seinem Themenschwerpunkt soziale Gerechtigkeit sehr gut überzeugen konnte. Bei Kathrin Göring-Eckhardt fand ich es sehr gut, dass sie religiöse Impulse gesetzt hat und sich zu ihren ostdeutschen Wurzeln bekannt hat. Meiner Meinung nach ist sie ein Mensch, der eine breite Wählerschicht anspricht mit ihrem offenen und selbstbewussten Auftreten.

 – Ende

 

 

 

Ein Kommentar von H. Oliver Degner:

 

Das Urwahlforum bewegt sich intern wie medial an einer spannenden Grenze. Die Befürworter argumentieren, dass die Urwahl eine historische Chance ist und es eben auch „den grünen Grundgedanken“ der freien, quotieren Wahl ausmacht. Die Kritiker sagen, dass es ein peinliches Schaulaufen ist.

2010_10_10 h. oliver degner_Welchem Lager letztlich Recht behält ist nicht zu klären, da es absolut subjektiv ist. Zwar haben die Kritiker Recht, wenn sie sagen, dass die Wahl aus strategischen Gesichtspunkten sinnvoll ist, um einer medialen Schlammschlacht zu entgehen, bei der Frage, wer die Grünen in den Bundeswahlkampf führen darf. Durch die Quotierung „Mann/Frau“ bzw. „Linker Flügel/Realo“ ist eine Einigung zwischen Trittin, Roth und Künast schwierig. Gelten doch Trittin und Roth als „linker Flügel“. Zwei Linksflügel wären für die Basis aber nicht optimal; dafür stimmt aber die Quotierung Mann/Frau. Die Urwahl zeigt also vielleicht zwei Dinge: Wir haben das nötige Personal um einen guten und fairen Wahlkampf zu führen und andererseits auch die innere Kompetenz und Weitsicht uns nicht auf ein Machtgerangel einzulassen, sondern die Wahlentscheidung an die Basis zu geben.

 

Wichtig ist, dass alle Bewerber beim Urwahlforum die gleichen organisatorischen Chancen haben. Also gleiche Redezeit, die Möglichkeit der gleichen Kommunikationskanäle und unterbrechungsfreie Rede. All das war gegeben. Was jeder Einzelne inhaltlich dazu beitragen kann, hängt dann von der eigenen Rhetorik, dem Lebensweg, Erfahrungen und politischer Ansicht ab.
Sicherlich waren Roth, Künast und Trittin da eindeutig im Vorteil. Die gekonnte Routine ist erkennbar, sie wissen wovon sie reden und auch, wie die Basis angesprochen werden muss und welche Argumente vorzubringen sind. Bei den Newcommern ist das so nicht zu beobachten. Wenn schon im zweiten Satz fällt, dass man gerne selbst den Finanzminister im Bundeskabinett stellen würde, so mag das zum Schmunzeln anregen, für eine seriöse Wahl ist das hingegen nicht geeignet, aber hier auch nur aus dem Zusammenhang gerissen.

 
Um sich einen wirklichen Eindruck der Teilnehmer machen zu können, kann nur gesagt werden, dass wir die Chancen nutzen sollten, zu den Urwahlforen zu gehen und unsere Kollegen live zu sehen. Es auf sich wirken lassen und dann entscheiden. Denn neben den Fakten der CV’s, ist der Eindruck auch etwas, das bleibt. Und das lässt sich am besten live, oder im aufgezeichneten Live-Stream beurteilen. Denn einige Newcomer vertraten gute Ansichten. Und ein peinliches Schaulaufen war es nicht. Im Gegenteil.

 – Ende

 

 

Ein Kommentar von Nils Kriegeskorte:


Zuerst mein Eindruck zu den sogenannten „Basiskandidaten“: Deren Auftritte wirkten teils skurril, ein Kandidat erzählte beispielsweise, dass er einen Masterplan für eine europäische Verfassung erarbeitet und einen Masterplan für p1000236die Energiewende bereits in der Tasche hätte. Ein anderer Kandidat erhob direkt einen Anspruch auf das Finanzministerium, ein anderer schloss ein Ministeramt und ein Bundestagsmandat für sich aus. Aus diesen Kandidaten stach der 24-jährige Patrick Held heraus, dem ich von allen „Basiskandidaten“ das größte Potenzial zutraue. Als einen geeigneten Spitzenkandidaten sehe ich ihn, zumindest zum jetzigen Zeitpunkt, allerdings nicht.
Die vier prominenten KandidatInnen sprachen sich alle deutlich für Rot-Grün und eine vollständige Ablösung der momentanen Bundesregierung aus. Im Gegensatz zu den anderen KandidatInnen wirkte Jürgen Trittin die meiste Zeit sehr distanziert und ernst, nicht wie jemand, der die Menschen begeistern kann. Er ist allerdings ein guter Redner mit viel Erfahrung und fachlichem Wissen, auf den wir nicht verzichten sollten. Das passende Gegenstück zu ihm als Spitzenkandidaten wäre Claudia Roth, die von sich selbst sagt, dass sie mit viel Empathie in den Wahlkampf gehen möchte. Diese Empathie und ihr offener Umgang mit anderen Menschen sprechen für sie als Spitzenkandidatin neben Jürgen Trittin.

 – Ende

 

 

 

Ein Kommentar von Bernhard Matelin:

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Mir hat die Informationsveranstaltung/Vorstellungsrunde zur Urwahl sehr gut gefallen. Es hat auf sehr schöne Art gezeigt, wie stark wir “Basisgrünen“ beim Finden unserer neuen Spitze mit eingebunden werden. Auch die Tatsache, dass nicht nur alte Politikhasen kandidieren, finde ich gut. Auf der anderen Seite stellt sich für mich die Frage, kann mich ein “Neuling” auch überzeugen? Die Kandidaten haben sich sehr vorbildlich an Redezeiten gehalten. Jeder Kandidat hatte die gleiche Redezeit. Allerdings wurde diese wesentlich überzeugender von den Profis genutzt.

 

Am besten kam bei mir Jürgen Trittin an, insbesondere als er zum Thema Vermischung von wirtschaftlichen und politischen Interessen gesprochen hat. Korruption ist ein echtes Problem, nicht nur in Griechenland, sondern auch bei uns in Deutschland.

Claudia Roth überzeugte durch ihr kämpferisches Auftreten. Renate Künast fand viel Beifall beim Vorstellen grüner Prioritäten und grüner Schwerpunkte, dem Thema “Profil: GRÜN”. Die sehr gute Auftaktrede von Katrin Göring-Eckardt überzeugte so manchen. Mir gefiel hierbei sehr gut, dass wir Grünen nicht die Dagegen-Partei sind, sondern für viele neue Inhalte stehen. Wir sind in vielen Dingen sogar die politischen Vorreiter. Für meine Kandidatenwahl hat sich Jürgen Trittin bestätigt!

Ob ich nun Claudia Roth, Renate Künast oder Katrin Göring-Eckardt wähle, bleibt noch offen.

 

 

 

 

Ein Kommentar von Tönnies Meyerhoff-Rösener:

Ein typisch grüne Veranstaltung war´s: Die Basis war gefragt worden. Und die Basis kam auch. Das Podium mit den Kandidat/innen war bunt, bunter, … Alle waren wir „Freund/innen“ und wurden mit Vornamen angesprochen. Grün eben. Erstaunlich war: Es ging pünktlich los. Es gab keine Anträge zur Tagesordnung. Es war pünktlich Schluss. Was war los?

Ich vermute: Wir wollten uns wirklich daran machen, diese „SchRaZ“ („Schlechteste Regierung aller Zeiten“ / Zitat Renate Künast) abzulösen. Jetzt keine Plänkeleien.
Hier nun mein subjektiver Blick auf die Vorstellung der Kandidat/innen (Es waren übrigens drei Frauen und elf Männer – ein Schelm, wer Böses dabei denkt.). Sie hatten sich bereits in der Mitgliederzeitschrift „Schrägstrich“ vorgestellt. Zum Teil wirklich schräg. Doch lest dort selber nach.

Von den noch Nicht-Etablierten kam vielfältige Kritik an bisheriger grüner Politik. Thomas Austermann berichtete von seinem Ärger angesichts grüner Zustimmung zum Kosovo-Einsatz 1999. Nico Hybbeneth versetzte den Politprofis mit ihren „großen Limousinen“ einen Seitenhieb und Markus Meister wollte die Grünen nicht als Karriere-Partei sondern als einzig linksliberale verstanden wissen. Besonders aus dem süddeutschen Raum kam ein „back to the roots“, d.h. ein kümmert euch um die Ökologie. So gehört von Roger Kuchenreuther, Alfred Mayer und Peter Zimmer. Werner Winkler präsentierte sich als „Basis“-Mann und Franz Spitzenberger warb für breite Mehrheiten. Ehrlich gestanden fand ich von den „Neuen“ die meisten wenig überzeugend – als Spitzenkandi¬daten! Interessant fand ich als Typ, weil sehr aufmerksam, präsent und durchaus souverän, den 25-jährigen Studenten Patrick Held. Vielleicht einer für später.

Die schon bundespolitisch aktiven Kandidat/innen Katrin Göring-Eckardt, Renate Künast, Claudia Roth und Jürgen Trittin schalteten, alle auf jeweils ihre Weise, auf Angriff gegen Schwarz-Gelb.
Wobei es bei Katrin Göring-Eckardt etwas strange wirkte – sie war ganz in schwarz-gelb gekleidet. Ihr Schwerpunkt lag im Laufe der Veranstaltung beim Stichwort „Teilhabe“. Ähnlich Renate Künast, die besonders das NRW-Projekt zur Inklusion aufgriff. Claudia Roth war wie meistens angriffslustig, voll dabei und eine scheinbar nicht versiegende Quelle an Themen. Jürgen Trittin, quasi als Gegenpart, zugleich kontrolliert, scharf und sachlich.

Die Atmosphäre auf dem Podium und im Saal fand ich angenehm. Wertschätzend. Kein/e Kandidatin musste abgeschlagen das Mikro verlassen. Guter Stil, finde ich. Gut war auch, neben der schriftlichen Vorstellung in „Schrägstrich“ diesen Life-Auftritt zu erleben. Zumindest hat er meinen Eindruck von Patrick Held korrigiert. Ich persönlich kann mir gut Claudia Roth als Spitzenkandidatin vorstellen. Sie hat Standing, Energie, Witz und viel Grünes Querdenken. Weiter bin ich noch nicht.

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