Erfolgreicher Antrag „Rats-TV“


Der gemeinsame Antrag zur „Übertragung der Ratssitzungen im Internet“ von Bündnis 90 / DIE GRÜNEN und der FDP wurde am Donnerstag in der konstituierenden Sitzung des Stadtrats eingebracht und mit einer Änderung angenommen.


Unser Antrag im Wortlaut:

Die Stadtverordnetenversammmlung möge beschließen:

„1.

Die Verwaltung wird beauftragt, bis zur zweiten Sitzung des Unterausschusses für Digitalisierung im Jahr 2021

  • juristisch zu prüfen, wie andere Städte und Gemeinden, welche ein Streaming oder eine Aufzeichnung von Ratssitzungen im Internet veröffentlichen, dies mit dem Persönlichkeitsrecht der Stadtverordneten in Einklang gebracht haben. Dies ist transparent darzustellen;
  • die juristischen Unterschiede – insbesondere zur Wahrung des Persönlichkeitsrechtes – zwischen Streaming, Aufzeichnung oder weiteren Online-Modellen und die dabei anfallenden Kostenpositionen eindeutig darzustellen;
  • mindestens eine Entscheidungsvorlage zur Umsetzung von „Rats-TV“ in Hattingen basierend auf den neuen Erkenntnissen zu erarbeiten.

2.

Darüber hinaus wird die Einrichtung einer Arbeitsgruppe mit jeweils mindestens

1 Mitglied (Änderung:) 2 Mitgliedern pro Fraktion zur Umsetzung der bisherigen Ratsbeschlüsse zum Rats-Streaming (Drs. 269/2015, Drs. 90/2016, Drs. 90/2020) mit dem Ziel einer einvernehmlichen Lösung und Klärung u.a. folgender Fragestellungen beschlossen:

  • Welche zukünftige Reden- und Debattenkultur bevorzugt die Hattinger Stadt-verordnetenversammlung – nur noch vom Rednerpult aus oder weiterhin von den Tischen der Mandatsträger aus? Die Klärung dieser Frage ist zentral für ein Streaming unter der Maßgabe der Beachtung von Persönlichkeitsrechten von ehrenamtlich tätigen Stadtverordneten.
  • Mit wie viel Kameras und welchen Kameraeinstellungen wird gearbeitet? Ist dauerhaft über die gesamte Sitzungszeit mit einer fest installierten Kamera der gesamte Ratssaal zu sehen oder nur das Rednerpult bzw. der einzelne Redner durch Heranzoomen? Wird der Verwaltungsvorstand dauerhaft einblendet? Werden Abstimmungen der Ratsmitglieder gezeigt?
  • Werden die Ratssitzungen aufgezeichnet und danach zeitversetzt gesendet oder erfolgt eine unmittelbare Liveübertragung? Werden die Ratssitzungen in einer Online-Mediathek – und für welchen Zeitraum – zur Verfügung gestellt?
  • Ist sowohl bei Liveübertragungen als auch bei zeitversetzten Aufzeichnungen eine Personen-Namens-Anzeige gewährleistet, das heißt, werden Namensbinden eingeblendet?
  • Ist der Ratssaal im Rathaus baulich und technisch überhaupt für ein Rats-Streaming geeignet, welches jedem einzelnen Ratsmitglied gleiche Wahrnehmungschancen gewährleistet oder werden bestimmte Fraktionen durch die Kameraperspektive bevorteilt?
  • Gibt es ein einfaches Rats-Streaming  oder ein Rats-TV mit journalistisch-redaktioneller Gestaltung?
  • Wie werden Persönlichkeitsrechte von ehrenamtlichen Mandatsträgern geschützt und wie wird der Datenschutzgrundverordnung Rechnung getragen?
  • Ist der Auftrag zur Übertragung der Ratssitzungen im Internet durch förmliche Vergabe, Verhandlungsvergabe oder Direktvergabe zu vergeben? Wie hoch sind die Kosten für eine Übertragung der Ratssitzungen im Internet?

Die Arbeitsgruppe legt der Stadtverordnetenversammlung eine Beschlussempfehlung zur praktischen Umsetzung der Übertragung von Ratssitzungen im Internet sowie zur Lösung des Zielkonfliktes von moderner kommunalpolitischer Kommunikation und Transparenz und der Wahrung individueller Persönlichkeitsrechte ehrenamtlicher Mandatsträger vor. Die Organisation der Arbeitsgruppe übernimmt der Fachbereich Ratsangelegenheiten, Wahlen und Logistik.“

Begründung:

Die Stadtverordnetenversammlung hat in den Drucksachen 90/2016 (Bezug nehmend auf Drs. 269/2015) und 90/2020 die Übertragung von Ratssitzungen im Internet beschlossen.

Bei der Antragsstellung und den Beschlüssen sind wesentliche Fragen der Übertragungs-modalitäten ungeklärt geblieben und haben daher zur Ablehnung durch Stadtverordnete geführt. Die Umsetzung der Beschlüsse ist aufgrund der Wahrung von Persönlichkeits-rechten einzelner Stadtverordneter bisher nicht erfolgt.

In der Anlage zur Drs. 169/2016 heißt es: „Die Zulässigkeit der audiovisuellen Aufzeichnung und anschließenden Veröffentlichung von Ratssitzungen im Internet orientiert sich […] an dem in § 48 Abs. 2 GO NRW festgeschriebenen Gebot, Sitzungen des Rates grundsätzlich öffentlich durchzuführen. Dieses Gebot ist nach allgemeiner Meinung jedoch bereits dann gewahrt, wenn ein ausreichendgroßer Sitzungsraum für den Normalbürger zumutbar erreichbar ist und hierzu jedermann im Rahmen des hierfür zur Verfügung stehenden Platzes freien Zugang hat.“

Spätestens seit der Corona-Pandemie ist es für die Bürgerinnen und Bürger nicht ohne das Inkaufnehmen eines Gesundheitsrisikos möglich, an den Ratssitzungen teilzunehmen. Zudem gibt es bereits zu Ratssitzungen eine Anmeldepflicht für Zuschauerinnen und Zuschauer, was eine weitere Beschränkung für die Öffentlichkeit bedeutet.

Einige Städte und Gemeinden, sowohl in NRW als auch in Deutschland, verfügen bereits heute über ein datenschutzkonformes- und Persönlichkeitsrecht wahrendes Rats-TV. In der Nachbarstadt Essen erfolgt z.B. Anfang eines jeden Jahres eine Abfrage an die Stadtverordneten, ob Einwände gegenüber den Redebeiträgen vorherrschen. In Mönchengladbach werden Aussagen von Personen, welche aus Gründen des Persönlichkeitsrechtes gegen eine Ton- oder Videoaufnahme waren, von der Sitzungsleitung komprimiert zusammengefasst und wiedergegeben.

Daher beantragen wir eine transparente Darstellung der Vorgehensweisen anderer Kommunen in denen Rats-TV bereits eingesetzt wird, die juristischen Unterschiede zwischen Streaming, Aufzeichnung und weiteren Modellen darzulegen und hieraus einen konkreten Vorschlag zur Umsetzung zu erarbeiten. Eine Arbeitsgruppe aus Ratsmitgliedern bewertet die Informationen der Verwaltung politisch und formuliert in Rücksprache mit den einzelnen Fraktionen gegenüber dem Stadtrat einen Umsetzungsvorschlag.

gez. Gilbert Gratzel

Vorsitzender FDP-Fraktion

gez. Oliver Degner

Vorsitzender Fraktion Bündnis 90 / DIE GRÜNEN

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