Kein kommunalpolitischer Starrsinn – Ein Kommentar zur Entscheidung für den Nahversorger im Grüngürtel von Winz-Baak

[Die Rede finden Sie weiter unten oder als Stream auf Rats TV Hattingen]


Ein Kommentar von Oliver Degner, Fraktionsvorsitzender Bündnis 90 / Die Grünen:

Jede*r, der oder die gestern im Ratssaal oder über Rats-TV dabei war, hat sehen können, mit welchem Beißreflex auf das Thema Umweltschutz noch immer reagiert wird. Und statt eines Austausches mit Argumenten wird unsachlich in den Raum geworfen, dass es sich um “kommunalpolitischen Blödsinn und Starrsinn“ (Gratzel, FDP) handle, den Grüngürtel an der Denkmalstr./Wupperstaler Str. zu schützen.

Es ist löblich, dass die CDU zugibt, dass es ein Problem ist, wenn man Grünflächen angreift. Jedoch entspricht es meiner Auffassung nach nicht einem verantwortungsvollen Umgang mit der Natur und unversiegelten Bodenflächen, wenn man zwar das Problem sieht, aber ungeachtet dessen alles planiert. Diese Entscheidung zur Änderung des Flächennutzungsplanes und den damit einhergehenden Umweltkonsequenzen wird ganz bewusst eingegangen. Und es ist mehr als fahrlässig, die berechtigten Interessen zum Schutze der Natur und der Umwelt als „ideologisch verbrämt“ (Nörenberg, CDU) abzutun.

Mein Wortbeitrag mit über 3000 Zeichen wurde von der SPD auf das Wort „Lieferdienst“ reduziert. Nein, es ist nicht, wie mir vorgeworfen wurde, „besser“, wenn Lagerhallen woanders Umwelt zerstören würden.

Der Verweis auf die Lieferdienste entspricht hierbei lediglich dem Hinweis darauf, dass sich das Nutzungsverhalten ändert, wie z.B. auch hier nachzulesen ist: „Selbst von den Teilnehmern, die heute ausschließlich stationär einkaufen, geht mehr als die Hälfte (54 Prozent) davon aus, dass sie in zwei Jahren mindestens teilweise online Lebensmittel bestellen werden.“

Diese baulichen Kapazitäten und Warenlager, anders als die SPD es andeuten ließ, sind zumeist bestehende Supermärkte und somit bereits gebaut und der Boden bereits versiegelt worden. Diese Entscheidung haben wir nicht getroffen und nicht zu verantworten.

Statt politische Nebelkerzen zu zünden, als einzige Argumente vermeintlichen Starrsinn zu unterstellen und zu behaupten, der Einsatz für Natur und Umwelt sei politisch verbrämt, fordere ich die anderen Ratsfraktionen dazu auf: bitte erkennen Sie die Zeichen der Zeit!


Die Rede aus der Stadtverordnetenversammlung vom 17. August 2023 von Oliver Degner:

Sehr geehrte Damen und Herren hier im Ratsaal, liebe Bürgerinnen und Bürger,


was gibt es schon über ein Thema zu sagen, das uns seit über 10 Jahren begleitet? Manche Dinge ändern sich nie. Das kann gut sein, aber es kann auch schlecht sein.

Aber ich sage Ihnen: die Meinung, welche wir Grünen vor 10 Jahren vertreten haben – nämlich das NEIN zum Rewe an Denkmalstraße / Wuppertaler Straße – war damals richtig und diese Entscheidung ist es heute noch immer!

Denn: Sehr geehrte Damen und Herren, die Welt hat sich weiter bewegt! Und wir müssen es doch ganz klar benennen: im Bereich des Klimas nicht zum besseren! Mehr denn je sind wir alle angehalten, Ressourcen zu schonen oder auch Flächen un-versiegelt zu lassen.

Das ist unsere Aufgabe. Und das sehe ich auch als die Aufgabe der Hattinger Politik an! Und die Bürgerinnen und Bürger fordern das zu Recht ein. Seit über 10 Jahren wird sich gegen den Bau eingesetzt der doch FÜR die Bürgerinnen und Bürger sein soll. Es ist ein zurückgewiesenes Geschenk, das niemand möchte. Schon 2010 hat das Interessen-Team „Helenenweg“ der damaligen Bürgermeisterin stichfeste Bedenken gegen den Bau vorgelegt.

Und auf die 13 Jahre alte Frage des I Teams heißt es am 27.04.2010 in der Niederschrift der Verwaltung „Natürlich haben Anregungen von Bürgerinnen und Bürgern bei Entscheidungen und Beschlüssen einen ganz hohen Stellenwert. Allerdings sind zum Beispiel bei der Aufstellung von Bauleitplänen öffentliche und private Belange untereinander und gegeneinander gerecht abzuwägen.“

Ich appeliere in dem gefühlten letzten Schritt an die anderen Fraktionen: überdenken Sie ihre Entscheidungen und ….stoppen sie doch hier. Hier kann doch nicht geglaubt werden, dass der Beschluss gerecht ist.

Viele Bürger:innen lehnen das Projekt ab, 45% der Arten in NRW sind vom Aussterben bedroht oder bereits ausgestorben – hier sollten wir gegenwirken und nicht mitwirken, der Boden wird versiegelt und Naturräume werden zerstört, Lärm und Verkehr werden geschaffen statt gemindert, Tierarten vertrieben statt geschützt. Die Argumente wurden zur Genüge ausgetauscht und doch nicht ausreichend gehört. Denn es geht hier nicht um die Errichtung einer lebensrettenden Feuerwache sondern um den Bau eines Vollsortimenters.

Ich wende mich daher an die anderen Fraktionen: Frau Witte Lonsing von der SPD und an Herrn Nörenberg von der CDU: entscheiden Sie sich heute richtig! In Ihren Wahlprorammen wird in einigen Monaten wieder stehen, wie wichtig Ihnen Umweltschutz ist. Heute können Sie es beweisen! Beim Silberahorn haben Sie nicht reagiert. Bei der Fällung der Platanen sahen sie nur zu , bei Wattbewerb wollten sie alle nicht mitwirken. Sagen sie nicht nur, „Umweltschutz ist wichtig“, sondern handeln sie so.

Die Fraktion von Bündnis 90/ Die Grünen in Hattingen ist damals wie heute uneingeschränkt gegen dieses Bauvorhaben in einem Grüngürtel, am Eingangstor zur Stadt in einer Zeit des wachsenden Umweltbewusstseins und bei einer Verlagerung des Einkaufsverhaltens hin zu Lieferdiensten und Einkäufen beim Erzeuger oder auf Ökomärkten.

Oliver Degner

Es gilt das gesprochene Wort

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