In einem Sitzungsmarathon wurde der Etat 2011 verabschiedet

Die Zustimmung zu dem Haushaltsentwurf 2011 erfolgte nur mit Bedenken, allerdings nicht mehr ganz so gequält wie im Frühjahr (Etat 2010), als vor allem einige personelle Grausamkeiten zu entscheiden waren. Erleichtert wurde das „Ja“, weil Grüne/FWI einige maßgebliche Entscheidungen im eigenen Sinn verwirklichen konnte.

Gemeinschaftsschule in Hattingen

Die Marie-Curie-Realschule im Schulzentrum schrumpft seit zwei Jahren bedenklich auf die Zweizügigkeit. Von daher ist es nachvollziehbar, dass die Schulleitung und das Kollegium in der Teilnahme am Modellversuch Gemeinschaftsschule eine Rettungsmöglichkeit zu erkennen glaubten. Der demographische Rückgang von SchülerInnen macht sich mittlerweile deutlich bemerkbar und wirft die Frage nach der künftigen Schullandschaft in Hattingen immer drängender auf.

Seit 2007 werden von SPD und CDU Entscheidungen vertagt. Die Hauptschule wird 2011 endgültig keine Sondergenehmigung zur Einrichtung einer Eingangsklasse erhalten. Die Weiterführung mangels politischer Entscheidung im Sinne „Der Letzte macht das Licht aus“ ist angesichts der städtischen Finanzlage nicht tolerierbar. Sie ist aber auch pädagogisch und schulorganisatorisch nicht leistbar.

Vor diesem Hintergrund noch einen weiteren Schultyp zu installieren, wäre höchst fragwürdig gewesen. Wenn dies auch noch unter immensem Zeitdruck (Stichtag 10.12.2010) erfolgen soll, so ist das schlicht verantwortungslos.

Völlig ungeklärt war z.B. die Raumfrage: In den Vorlagen der Verwaltung fehlen einmal 14 Räume, in der nächsten Vorlage sind es dann 6 Klassenräume und ein naturwissenschaftlicher Raum und schließlich in der Vorlage (nach der politischen Wende der Bürgermeisterin) plötzlich nur noch zwei Räume, die in Containern zur Verfügung gestellt werden könnten. Was stimmt denn nun?

Die finanziellen Auswirkungen blieben völlig unbeantwortet. Klar ist nur, dass einige Investitionen (z.B. am Gymnasium Waldstraße die Errichtung von Klassenräumen) schlicht umsonst gewesen wären.

Die Aussagen der Bezirksregierung Arnsberg deuteten klar darauf hin, dass Hattingen in dem Modellversuch „mit seiner komfortablen Schullandschaft“ fehl am Platze sei. Die Konkurrenz zur Stadt Sprockhövel, die ihre Hauptschule für das Modellvorhaben anmelden wollte, hätte den Bestand der dort einzigen Schule massiv gefährdet. Grüne/FWI will aber die jahrelange vertrauensvolle Kooperation mit Sprockhövel nicht gefährden. Wir fühlen uns in unserer Entscheidung bestätigt, da die Stadt Sprockhövel ihrerseits einen Kooperationsvertrag für die Weiterbeschulung ihrer künftigen Absolventen der Gemeinschaftsschule mit dem Gymnasium im Schulzentrum Hattingen abschließen will. Folglich unterstützen wir den Gemeinschaftsschulversuch in Sprockhövel.

Viel zitiert wurde der Elternwille, der von SPD und Bürgermeisterin zur Argumentation bemüht wurde. Die Elternbefragung hat nichts weiter als ein Stimmungsbild erbracht. Ein „eher ja“ als Befürwortung der Gemeinschaftsschule hat die Relevanz der berühmten Sonntagsfrage im Politbarometer. Ganz bestimmt mit „ja“ hat nicht einmal die Hälfte der Eltern votiert, die für die Anmeldung von 96 Kindern erforderlich wäre. Ob diese Anmeldung dann auch wirklich in ein, zwei Jahren so erfolgen würde, wäre völlig offen und nicht einklagbar.

In unserem Antrag, der Mehrheiten in Schulausschuss und Rat erhalten hat, beziehen wir Gemeinschaftsschulen als Entwicklungsvariante für den „Schulentwicklungsplan 2011 – 2016“ ein. Wir stehen in Hattingen folglich erst am Anfang einer Entwicklung und nicht an deren Ende (wie die SPD glaubt).

Anhebung von Grundsteuer A und B sowie der Gewerbesteuer

Ein Kompromissvorschlag der Grüne/FWI fand eine Mehrheit im Rat. Eine allzu kräftige Erhöhung der Grundsteuer konnte damit vermieden werden. In absoluter Summe hätte der Verwaltungsvorschlag eine Steigerung um 12% bzw. 13% bedeutet. Umgelegt auf einzelne Haushalte ist die Summe sicherlich überschaubar, aber in Kombination mit anderen Preissteigerungen belastet sie vor allem Einkommensschwächere zunehmend. Angesichts der Finanzmisere der Gemeinde war aber eine mäßige Erhöhung nicht zu vermeiden.

Anders lautet die Entscheidung bei der Gewerbesteuer. Dort wurde der Steuervorschlag der Verwaltung in voller Höhe aufgegriffen und umgesetzt.

Zugegeben: die stattliche Höhe der Steuer mag bei Neuansiedlungswünschen von Firmen kontraproduktiv wirken. Aber es ist nicht die Gewerbesteuer allein, die ausschlaggebender Faktor für eine Standortentscheidung ist. Wichtig ist deshalb die Erhaltung eines attraktiven Wohnumfeldes, guter Bildungseinrichtungen, eines ansprechenden Kulturangebots sowie von anderen Freizeiteinrichtungen.

Ausschlaggebend sind für unsere Position folgende Aspekte: Einerseits befinden wir uns in einer sehr positiven wirtschaftlichen Auftragslage, die mit kurzer Unterbrechung durch die Finanzkrise, an die vergangenen „fetten“ Jahre anknüpft. Vergessen werden darf auch nicht, dass in den letzten 20 Jahren die Einkommensstarken und die Unternehmen in erheblichem Maße steuerliche Vorteile in Anspruch nehmen durften.

Gerade weil der Trend in die Entsolidarisierung immer stärker wird, sind wir der Auffassung, dass die Einkommensstärkeren mehr an Lasten tragen sollen. Das ist unpopulär, aber notwendig.

Elternbeiträge für Kindertageseinrichtungen

Auch bei diesem Thema leitete der Gedanke der sozialen Ausgewogenheit unseren Antrag. Grüne/FWI sah vor, bei den unteren Einkommensgruppen keine Erhöhung der Beiträge vorzunehmen, wohl aber bei den gut Verdienenden. Allerdings setzte sich hier eine Mehrheit (SPD und FDP) durch, die auch Familien mit Jahreseinkommen von 50.000 € und mehr verschont. Hier haben sich die „Gutmenschen“ mit den „Steuersenkern“ verbündet.

Hauptfeuer- und Rettungswache

In der Planungsphase hat Grüne/FWI deutlich den Neubau unterstützt. Als die Finanzierung aber immer unsicherer war und den Etat der Stadt unmäßig zu belasten drohte, zog die Fraktion die Notbremse. Dass dies richtig war, erweist sich jetzt. Die Finanzierung verlangt zwar die Aufgabe von Vermögenssubstanz (Verkauf von städtischem Wohneigentum), aber durch den Neubau der Feuerwache erhält die Stadt auch wieder neue Substanz. Bedenken hinsichtlich der Realisierung bestehen zwar noch bei uns, aber Hattingen muss eine neue Wache haben, um die Sicherheit der Bevölkerung zu gewährleisten. Wir konnten deshalb jetzt unsere Unterstützung für den Neubau aussprechen.

Stadtbücherei und Volkshochschule

Grüne/FWI unterstützte einen Antrag der SPD, die Stadtbücherei mit weiteren 12.000 € für neue Medien auszustatten. 7.000 € aus dem Kulturbüro gehen an die Jugendkultur und Veranstaltungen im Haus der Jugend. So ganz glücklich sind wir jedoch nicht mit dieser Entscheidung, da das zusammengeschmolzene Budget des Kulturbüros jetzt dessen Weiterarbeit noch schwerer macht. Gerade die 7.000 € hätte man für unseren Vorschlag einsetzen können, das kommunale Kino in neuer Form auferstehen zu lassen.

Die Resolution der vhs-Konferenz gegen die drastische Erhöhung der Teilnehmerentgelte traf auf unsere Zustimmung. Grüne/FWI machte deshalb den Vorschlag einer moderaten Erhöhung von 1,90 auf 2,00 € (statt 2,30) pro Stunde. Der Antrag fand die Billigung der Mehrheit des Rates.

Die Verabschiedung des städtischen Haushalts ist Pflicht, sonst muss die ganze Prozedur wiederholt werden. Das Ergebnis wäre unter den gegenwärtigen Vorzeichen auch kein anderes: Die Reform der Gemeindefinanzierung ist von Schwarz-Gelb auf unbestimmte Zeit vertagt worden – wieder einmal.

Die Genehmigung des Etats durch die übergeordneten Behörden ist allerdings auch dieses Mal nicht zu erwarten.

Stefan Kietz-Borgwardt
GRÜNE/FWI

Verwandte Artikel