Wie steht es um den ÖPNV in Hattingen?

Diese Frage stellen nicht nur wir uns als Bündnis 90/Die Grünen bei der Bewertung der ökologischen Bedeutung des Nahverkehrs und im Angesicht der BürgerInnenfreundlichkeit. Vor allem auch für die Bürgerinnen und Bürger und insbesondere die PendlerInnen in dieser Stadt sind die Verbindungen innerhalb Hattingens, aber auch nach Bochum oder nach Essen von großer Bedeutung. Die WAZ berichtete am 17.12.2019 bereits von der akuten Problemlage beim Taktwechsel der S3. Dass durch den Fahrplanwechsel noch nicht alles rund läuft, ist letztlich für einen kurzen Zeitrahmen verschmerzbar, weil erwartbar. Selbstverständlich ist es für jede/n einzelne/n nervenraubend in der Kälte zu stehen und nicht zu wissen, welcher Fahrplan nun gilt. Weitaus schwerwiegender sind aber die langfristen Probleme. Das Stehen am Bahnsteig und die kurze Ungewissheit sind am nächsten Tag bestenfalls wieder vergessen. Dass der Taktwechsel aber ein generelles Problem mit sich birgt, bleibt.

Mit dem Taktwechsel von 20 auf 30 Minuten wird ersichtlich, welche Bedeutung der ÖPNV hat: nämlich scheinbar keine allzu hohe. Gerade in der aktuellen Zeit in der das Bewusstsein für ökologische Zusammenhänge in allen Bevölkerungsteilen deutlich vermehrt wahrgenommen und entsprechend im Alltag umgesetzt wird, ist es umso dringlicher, dass die BürgerInnen auch die Möglichkeit haben, das Auto stehen zu lassen und auf den öffentlichen Nahverkehr umzusteigen. Ganz offensichtlich ist hierbei, dass je besser die verkehrstechnische Infrastruktur ausgebaut ist, desto eher sind die Menschen auch gewillt, diese zu nutzen. Wichtig sind hierbei Vertrauen, Regelmäßigkeit, Alltagstauglichkeit und Zuverlässigkeit. Die Entscheidung, die Taktrate zu verschieben, ist zu begrüßen, allerdings hätte dies zwingend in die andere Richtung erfolgen müssen – nämlich hin zu einer kürzeren Taktung.

Am 18.12.2019 berichtet die WAZ davon, dass im Zuge des Weihnachtsmarktes mehr als 7km Stau, verstopfte Straßen und fehlende Parkplätze für ein Verkehrschaos gesorgt haben. Da nützt auch der Hinweis nichts, dass man auf den öffentlichen Nahverkehr ausweichen soll, wenn doch gerade dieser in der stressigen Weihnachtszeit immer unattraktiver wird. Und auch wenn das Stadtmarketing Hattingen sagt, dass unsere Stadt mit den Linien 308 und S3 gut angebunden sei – die BürgerInnen aber lieber das Auto nehmen wollen (WAZ vom 18.12.2019), so wirkt dies, als würde die Schuld für die mangelnde ÖPNV-Nutzung allein bei den BürgerInnen gesucht. Das entspricht allerdings schlicht nicht der Realerfahrung. Denn das Auto wird ja nicht deswegen genutzt, weil die ÖPNV-Verbindung so gut ist, sondern das Auto wird genutzt gerade weil die Taktung verschlechtert wurde und das Passagieraufkommen dadurch im einzelnen Zug steigt.

Und das sehen wir ja nicht nur bei der S3. Wir als Grüne haben auch schon im Bau-, Umwelt- und Verkehrsausschuss (z.B. am 23.11.2017, DS 203/2017) darauf hingewiesen, dass ganze Stadtteile abgehängt werden können, wenn die Infrastruktur abgebaut wird. Hintergrund war damals die Einstellung des Fahrgastbetriebes der Linie 330 an Sonntagen. Bereits hier zeichnete sich eine Verschlechterung der innerstädtischen Verkehrsanbindung ab.

Die Stadtverwaltung hat das Anbindungsproblem aber erkannt. Die Verwaltung konstatiert, dass „einzelnen Stadtteile zum Teil erhebliche Unterschiede hinsichtlich der ÖPNV-Erschließung aufweisen (DS 249/2019)“. Die Stadtverwaltung hat absolut recht, denn es gibt erhebliche Unterschiede in Hattingen und die Anbindungen, die gut funktionieren, sollten daher nicht auch noch im Leistungsumfang geschmälert werden. Auch kann das Problem nicht alleinig auf Privatleute umgelegt werden. Denn so gut und lobenswert das Engagement der Bürgerbusbetreiber auch ist: alleine können (und sollen!) sie dieses Projekt nicht stemmen. Hier geht es um eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe und den konsequenten Ausbau des öffentlichen Personennahverkehrs unter Einbeziehung der privaten Akteure und auch der weiteren Stärkung des Radverkehrs. Denn eine Verkehrswende muss eine Einbahnstraße sein. Und zwar nach vorne.

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